Veranstaltungen und Termine

Unsere Gemeinde

Aus der Geschichte der Wassenberger Hofkirche

Versteckt zwischen den Dächern im Stadtkerns Wassenbergs, erinnert ein kleiner Posaunenengel auf dem Dachreiter der Hofkirche mit seinem Namen „Geusendaniel“ an die Geschichte der Evangelischen Gemeinde in Wassenberg. Geusen (= Bettler) wurden die reformierten Edelleute der Niederlande von den herrschenden Spaniern (spanische Niederlande) genannt. Als Flüchtlinge aus dem erbitterten Freiheits- und Glaubenskrieg hatten sie einen maßgeblichen Anteil an der Verbreitung des reformierten Glaubens im Herzogtum Jülich und damit auch in unserer Gemeinde.


Das hinter den Wohnhäusern der Roermonder Straße gelegene Gebäude wurde im Jahr 1652 erstmals als Predigthaus urkundlich erwähnt, wie der links abgedruckte „Pfachtzettul" (Pachtvertrag) zeigt. Unsere Hofkirche ist also schon sehr alt, und es spricht vieles dafür, dass sie ursprünglich ein Bauernhof oder zumindest Teil eines solchen war. Sie liegt, bedingt durch die im 17. Jahrhundert gültigen Vorschriften des Westfälischen Friedens, von der Straße aus nicht sichtbar, auf dem Hof, daher auch der Name „Hofkirche".

Um 1670 wurde die Hofkirche umgebaut, nachdem sie in den Kriegswirren als Heerlager hatte dienen müssen. 1773 wurde der Dachreiter errichtet, und 1786 wurde der Geusendaniel auf den Dachreiter gesetzt. Die Glocke im Dachreiter ertönte zum ersten Male am 22. Februar 1786, da es den Evangelischen anfangs verboten war, einen Glockenturm aufzurichten. Im letzten Abschnitt des Zweiten Weltkrieges wurde das Kirchengebäude durch Bomben und Artillerietreffer fast völlig zerstört. Im Jahre 1951, am Sonntag Judicare (11. März), konnte in unserer Hofkirche wieder von neuem Gottesdienst gehalten werden.

Eine ehemalige Scheune soll der Gebäudeteil gewesen sein, der heute das eigentliche Kirchlein bildet. Wir müssen hier wirklich von einem Gebäudeteil sprechen, gehören doch unserer Gemeinde nur das eigentliche Kirchengebäude ohne Keller, ein Teil des Daches und der Dachreiter.
Am alten Predigtstuhl, der noch heute in der Hofkirche zu sehen ist, soll auf einer Geländerleiste, die im letzten Krieg verbrannte, die Jahreszahl 1610 eingeschnitzt gewesen sein. Wahrscheinlich stammt die Kanzel jedoch aus einer anderen Kirche, wie das Glöcklein, das unsere Gemeinde von einem niederländischen Kloster erhielt.

Die älteste Urkunde der Evangelischen Kirchengemeinde Wassenberg trägt die Überschrift: Pfachtzettul wegen des Predigthauses. Das Datum aus dem Jahre 1652 markiert jedoch lediglich den Beginn der Pacht eines Gebäudes als Gotteshaus. Wir können darüber hinaus annehmen, dass der Beginn der Gemeinde früher anzusetzen ist. Das Innere des Gotteshauses ist, dem reformierten Glauben entsprechend, von nüchterner Einfachheit, die Wände weiß getüncht und ohne jede Zierde. Nichts durfte die Gläubigen in ihrer Andacht von Gottes Wort abhalten. So nannten die Wassenberger die Hofkirche auch „dr Klomp" (Holzschuh), da sie so einfach wie ein Holzschuh war. Der Eingang ist heute ein langer Flur von der Straße aus. Früher war der Eintritt nur durch eine versteckt liegende Tür vom Hof aus möglich gewesen.


PFACHTZETTUL WEGEN DES PREDIGTHAUSES

Zu wissen seyn hirmitt, dass der Elocator, benannt Petter Weyler, dem Eltesten und Diakon dero nach Gottes wortt reformierten Gemeinde zu Wassenberg, und derann Sucessoren, eine Kammer seiner Vurderstar hinter dar dran Schlafkammer gelegenen zur Uebung des Gottesdienstes zwölf stücker nach einander folgenden iaren, jedoch nit sechs jahrens, wann es beliebt, davon abzustehen, und einhalb iar zuvor aufzukündigen mit nachfolgenden Bedingungen und nar vorderen recht; und redlich elociert verliehen.

Das nemblich jetzt . . . Eltesten, Vorsteher und deren Nachfolger als solch obere kammern pro exercitio suae religionis verkodfizierte zeitt über, inhaben, besitzen, gebrauchen, nutzen, genießen, und für nutz und gebrauch obbenannte elecuteri Pettern Weyler, dessen Erben und nachkömmlinge, jehrlichen, und jedes iar allein nach umbgang, dessenen, zum rechten zinnss und heuer, Zehn Reichsthaler, jeden ad 4 gl. 2 alb., Wassenberger Wahrung gerechnet, erstatten, lieveren und voll bezahlen: hingegen aber besagter Petter Weyler, dessen Erben und nachkommen oben angesagter kammer mit notige finster und licht also accomodiren und zurüsten sollen und wollen, das man sich darauffüglich und woll behalffen kanne.

Also geschehen den 13. tag des monats may anno1652, Rudolf Creueder

TESCHENMACHER-ORGEL

Die kleine Orgel ist für Auge und Ohr der einzige Schmuck. Sie wurde 1843 von einem Lehrer Weidmann aus Hückelhoven gekauft. Hinweise auf die Ähnlichkeit in der Prospektgliederung und die völlige Übereinstimmung in der Stellung der beiden Zimbelsterne und in Zahl und Anordnung der Prospektpfeifen mit einem nach 1750 von Jakob Engelbert Teschenmacher (Elberfeld) erbauten Positiv mit ebenfalls acht Registerzügen, die in beiden Fällen seitlich der Klaviatur verteilt sind, lassen auch bei dieser Orgel auf den Orgelbauer Teschenmacher schließen. Aus dem Vorhandensein der Zimbelsterne, einer barocken Spielerei, sowie aus dem Umfang des Manuals von 4 Oktaven und dem Fehlen des Cis der großen Oktave kann ein Entstehungsdatum von etwa 1760 angenommen werden.

DIE HOFKIRCHE HEUTE

Immer am letzten Sonntag im Monat lädt die Evangelische Kirchengemeinde um 9.30 Uhr zum Gottesdienst in die kleine historische Hofkirche mitten in Wassenberg. Auch besondere Feiertage wie der Reformationstag oder der Altjahrsabend werden hier begangen. Die Kirche ist auch ein Ort für Kultur: Ihre besondere Atmosphäre bietet einen geeigneten Rahmen für Kleinkunst, Konzerte und Ausstellungen.